"Nicht zu leugnen, die Weltausstellungen sind heutzutage ein bisschen aus der Mode gekommen. Wer wollte fürderhin noch um die Palme ringen auf dem Gebiete dieser millionenverschlingenden Unternehmen?" So schrieb Generaldirektor Alexander Gavard im offiziellen Führer zur Schweizerischen Landesausstellung in Genf 1896.
Jede der bisherigen fünf schweizerischen Nationalausstellungen war im Verlauf ihrer Konzeption und Fertigstellung gefährdet und musste sich ihre Berechtigung erkämpfen. Im Rückblick wiederum erhielt jede Landesausstellung ein positives Echo und auch ihre zeitgeschichtlich bedingte Ausprägung wurde erst im Nachgang verständlich - so etwa die Landi 39 im Sinne der nationalen Identitätsstiftung und der geistigen Landesverteidigung oder die Expo 64 im Sinne des Glaubens an den technologischen Fortschritt.
In dieser Hinsicht bewegt sich die Expo.02 also in einer historischen Kontinuität. Und sie darf guter Hoffnung sein, rückblickend in positiver Erinnerung zu bleiben - auch wenn sie heute nicht verstanden wird bzw. noch nicht verstanden werden kann.
Dennoch ist die Frage natürlich berechtigt, warum wir erneut eine Expo brauchen. Was kann eine Landesausstellung am Beginn des dritten Jahrtausends sein, und wie können wir heute, in einer sich globalisierenden Welt, nationale Identität im Rahmen einer dezentralen Ausstellung an vier Orten thematisieren?
Keine fertigen Antworten und keine Rezepte
Eines ist von Anfang an klar: Der Gedanke einer Leistungsschau, wie sie an den bisherigen Landesausstellungen zelebriert wurde, verbietet sich von selbst. Wenn überhaupt, dann ist die Expo.02 eine kulturelle Leistungsschau. 'Die Expo.02 soll über die Sprachgrenzen hinweg den Zusammenhalt und den Zukunftsglauben des Landes an der Schwelle zum neuen Jahrhundert manifestieren' (Beschluss des Bundesrats vom 4. Oktober 1999).
Die tief greifende technologische, wissenschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung der letzten Jahrzehnte verlangt eine Reflexion über die Situation der Gesellschaft - auch und gerade in der Schweiz. Eine Landesausstellung kann keine fertigen Antworten und keine Rezepte liefern, sonst verkäme sie zur inhaltsleeren Pflichtübung. Aber sie kann möglicherweise die richtigen Fragen stellen, sie kann versuchen, Kultur, Wirtschaft und Politik miteinander ins Gespräch zu bringen und davon zu überzeugen, dass die Expo.02 nachhaltig, sinnvoll und attraktiv sein kann.
Die Expo.02 interessiert dann, wenn sie aktuell ist, das heisst, wenn es ihr gelingt, Bedürfnisse, Wünsche und Befindlichkeiten unserer Zeit aufzunehmen. In diesem Sinn ist sie ein soziales und ästhetisches Experiment und ein Fest für das ganze Land - ein attraktiver, physisch realer und zugleich künstlicher Ort auf Zeit, der Räume, Bilder, Musik, Spektakel, Shopping und Restaurants zu einer unverwechselbaren Erlebniswelt vereint: während 159 Tagen."
2001: Martin Heller, Directeur Artistique Expo.02